Der Berg ruft (Teil 4/7)
oder Die Reise zur Bergstadl-Runde
Die Bergstadl-Runde hat ihren Namen von der Bergstadl, der auf ihrem mit 1.590 Meter höchten Punkt der Tour gelegenen Berghütte. Ein Berggasthof feinster Güte mit leckeren Speisen und Getränken, teilweise exotischen Namen, an die man sich aber schnell gewöhnt. Wenn der Anstieg komplett geschafft und wenn an Abfahrt nicht mehr zu denken ist, auch kein Problem, ein gemütlicher Einkehrschwung über das Kaminstüberl in eins der bereitstehenden Zimmer – und die Nacht ist gerettet.
Wer will kann die Tour als „Casus‘ Bergstadl Runde“ in der Bike-App Komoot nachvollziehen. Bis etwa 5,5 km geht es ausnahmslos bergauf, allerdings bei moderater Steile. Da hatten wir die letzten Tage andere Wände vor dem sehenden Auge und dem rollenden Vorderrad. Knapp 6 Kilometer sind dann doch recht fix rum und am und im Bergstadl sind bei herrlichstem Sonnenschein und Hochsommertemperaturen – endlich kann man sich mal auf die globale Erwärmung verlassen – zwei Stunden rein nichts. An dieser Stelle kommt jedoch die Krux der Runde. Hinab führen mehrere Wege und mehrere Entscheidungen muss man treffen. Relativ gemütlich auf dem Wanderweg ausrollen lassen ist die am wenigsten infrage kommende davon. Die Seilbahn zum Runtergondeln nutzen kommt wohl eher auch nicht in Betracht. Bleibt der seinem Namen alle Ehren machende Downhill. Wenn schon denn schon. Nicht allzu lang, aber anspruchsvoller als erwartet. Sehr kurvenreich, teilweise rechtwinklig, unterschiedliche Bodenverhältnisse, flacher, steiler und – mehrere Sprünge verlangt die Spur. Man kann sie jedoch umfahren! Habch auch gemacht 🙂
Die Bergstadl-Runde war gedacht, als kleiner Ausgleich für die ersten Tage, die mich dann doch ganz schön gefordert hatten. Die Blessuren sollen ja auch mal ein wenig Ruhe bekommen. Alles gut, sie verblassen schon, ist alles noch dran.
Die Runde selbst hat alle Erwartungen erfüllt. Bleibt nur ein klitzekleines Problem. Start und Ziel in Hinterglemm, einer rund 2.000 Seelen-Gemeinde, die im Winter einem mittleren Sapporo gleichen dürfte, liegt genau 29,6 km vom Wohn- und Übernachtungsort entfernt. In jede Richtung. und das Rad hat zwar elektrische Unterstützung, aber nur der kleine Bosch-Akku ist verbaut. Und ja, diese Batterie war an der Berghütte leer. Die Heimfahrt gestaltete sich daher etwas mühseliger, da es allerdings insgesamt 370 m bergab und 110 m bergauf ging, war das Tourende nach letztlich 72,6 km abzusehen.
Erstaunlich, wie schnell man sich an Entfernung und Höhe gewöhnen kann.
Trotzdem tat heißes Wasser danach richtig gut, denn die 30 km unterhalb des Berges und damit komplett im Schatten hatten eine andere Überraschung parat, kalten Wind um Nase und Hals.
Es ist nie alles Gute beisammen.
Nach insgesamt fünfeinhalb Stunden und davon mehr als drei Stunden herrlichstem Sonnenschein, war das Workout für Tag 4 von 7 vorbei.
Das nennt sich Urlaub!
Fortsetzung folgt.
21:57 19.09.2019
Heute ruft der Berg nicht (Teil 5/7)
oder Wo Stroh zu Gold gesponnen bzw. Asche zu Edelsteinen gefertigt wird
Eine Woche fern der Heimat ist erfahrungsgemäß schneller vorbei als gewünscht, zumal das Steinerne Meer Tag für Tag mit moderaten Temeperaturen und Sonne pur verwöhnt hat. Das Bike habe ich mir deshalb auch nur von Dienstag bis Freitag geliehen, Sonnabend und Sonntag bleiben für Wanderungen und Wege, die dem MTB verschlossen sind. Ja, auch das gibt es in Österreich.
Zwar kommen einem hier alle Nase lang Radler mit Zweirad, Skater mit Stöcken, Jogger mit Hunden und Walker mit Ohrstöpseln entgegen. Trotzdem legt in Österreich das Gesetz fest, Biken ist nur auf den dafür ausgewiesenen Wegen und Pfaden gestattet. Wo es nicht gestattet ist, ist es verboten. Nach dem Gesetz. In Deutschland, zum Beispiel in den Bayrischen Bergen, sieht die Sache etwas anders aus. Dort ist es verboten, wo es untersagt ist. In der Regel.
Egal.
Ausgerechnet für heute, dem Tag der weltweiten Klimastreiks, habe ich mir einen Besuch beim Edelsteinschleifer Mevisto vorgenommen. Mit dem Auto. 160 km, in jede Richtung. Ich war nicht allein auf der Straße. Schade eigentlich. In mehrerlei Hinsicht.
Auf der Hinfahrt lag Salzburg absichtlich auf dem Weg, in der Hoffnung, dass noch kein Freitag-Abend-Feierabend-Verkehr die Straßen verstopft. Klappte auch einigermaßen. Salzburg, wenigstens langsam mit offenem Dach queren!
In Kirchham war Anna bestens vorgewarnt, alles was eine Manufaktur so zu bieten hat, durfte ich besichtigen, Fragen, auch die ungestellten haben entweder Anna oder die Werker hinter den Saphir- und Rubin-Schleifmaschinen ausgiebig beantwortet. Ich glaub, ich kann das jetzt auch!
Die Mutterfirma Innotech und Mevisto selbst, sind in den letzten Jahre, sicher auch Dank des selbst entwickelten Know Hows, enorm gewachsen, so dass nächstes Jahr auf der gegenüberliegenden Wiesn ein weiterer Firmenanbau in Angriff genommen wird.
Im Leben ein Schmuckstück, danach ein Edelstein. Für viele Menschen eine schöne Vorstellung. Gut nachvollziehbar.
Wer natürlich die Frau ein Leben lang am Hals hatte, wird sie nach dem Tode nicht weiterhin umhängen. Auch nachvollziehbar. Doch wer hat das schon?
Für den Heimweg habe ich eine Strecke fernab der großen Bundesstraßen gewählt. Hat sich gelohnt. Wunderschöne Natur. Straßen ohne Mittelmarkierung. Fahrzeuge, die frontal entgegenkommen und dann doch noch gerade so die Kurve kriegen und motorradverrückte Organspender ohne Hemmungen. Volles Risiko.
Im Gegensatz zu Deutschland sind übrigens viele Außer-Ort-Strecken nicht Straßenschild-geschwindigkeitbegrenzt. 100 km/h erlaubt. Vor uneinsehbaren Kurven, auf steil ansteigenden Serpentinen-Wegen und an Stellen, wo selbst 40 oder 50 km/h nicht ohne ein gewisses Restrisiko möglich sind.
Klingt irgendwie nach Freiheit. Motorisierter Freiheit.
Rein gefühlsmäßig behaupte ich, Österreich ist dichter besiedelt. Die Entfernung zwischen den Ortschaften ist geringer. Der Gas-Geb-Anteil kleiner. Die Natur dafür grüner… auch an dem Tag, wo Tausende für das Klima und gegen das Auto auf die Straße gehen.
Es wird wohl nicht mehr lange dauern, bis die Autoflotte auf dem Index steht und der Mob sein neues Feindbild auserkoren hat. Das Klime in den Köpfen der Menschen schlägt noch schneller um, als das Klima an Pol und Äquator.
Keine guten Aussichten.
Keine Lösung.
Wochenende.
Fortsetzung folgt.
19:32 20.09.2019
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